Delhi / Indien
01. August 2023 – 04. August 2023
Delhi, was soll
ich sagen…Es war gut, dass wir da waren aber umso besser, als wir wieder
gegangen sind.
Neu-Delhi ist vom Flughafen aus recht gut mit der Metro erreichbar und war, als wir damit unterwegs waren, auch recht leer. Das „moderne“ Delhi ließen wir aber hinter uns, als wir den Fuß aus der Metro setzten und damit auch die idyllische Stille, welche wir erst 3 Wochen später wieder genießen durften.
Naja, wir schafften es irgendwie, uns durchzuzwängen und gelangten heil zum Hotel, wo man uns direkt vor Taschendieben und Scammern warnte und uns einen Spaziergang in der Nacht abriet. Toll, oder?
Was uns in der ersten halben Stunde Delhi noch aufgefallen und uns während unserer gesamten Indienreise immer wieder untergekommen ist, ist Folgendes:A) Die meisten Städte sind sehr dreckig. Nicht nur, dass es staubig und „erdig“ ist, es liegt auch an jeder Ecke Müll. Egal ob auf der Straße, im Abwasserkanal, in Flüssen – Seen - Sträuchern oder Bäumen. Egal, ob es sich um eine religiöse Stätte handelt oder um eine Sehenswürdigkeit. Indien versinkt im Müll und die Mentalität vieler Inder lässt es wohl auch nicht zu, daran in naher Zukunft etwas zu ändern.So trafen wir etwa auf Menschen, die ihren Müll aus dem offenen Zugfenster oder einfach auf den Boden warfen. Selbst, wenn sie direkt neben einem Mülleimer stehen würden, hätten sie nicht das Bedürfnis, den Müll darin zu entsorgen: Als wir zum Beispiel beim Red Fort in Delhi waren (dieses war zu diesem Zeitpunkt aufgrund des G20-Gipfels geschlossen) und unser Mittagessen vor geschlossenen Toren verspeisten, meinte ein Sicherheitsbeamter etwa, dass wir den Müll einfach über den Zaun zu den Bäumen werfen sollten. Der nächste Mistkübel war von dort, wo wir gegessen hatten, aber keine 30 Sekunden entfernt.
B) Viele Inder haben kein Problem damit, sich vorzudrängeln, zu schubsen oder generell zu drängeln und haben eine andere Auffassung von „Personal space“, als wir es in unseren Breitengraden haben.
Wenn man sich zum Beispiel für ein Ticket für die Metro anstellt, muss man
sich so breit wie möglich machen, damit sich niemand an einem vorbeischummelt
und auch, wenn man es endlich zum Ticketschalter geschafft hat, kann es immer
noch sein, dass jemand seine Hand mit einem Geldschein zwischen dich und Kassierer
zwängt.
Bei den Metrostationen gibt es zwar meist wunderschön markierte Linien, wo
man sich anstellen soll, das funktioniert aber auch nur so lange, bis die Metro
einfährt: Spätestens dann beginnt wieder die Drängerei.
Die Metros und Busse sind zudem (zwar nicht überall, aber in Delhi
eigentlich immer) maßlos überfüllt und gleichen einer Sardinendose. Und auch
wenn dann einmal mehr Platz ist, kann es trotzdem passieren, dass sich jemand
nur Zentimeter von einem entfernt hinstellt – das ist zwar für uns
ungewöhnlich, hier allerdings vollkommen normal. An die Kuscheleinheiten
mussten wir uns aber auch erstmal gewöhnen! 😉
Bei Bussen gibt es hingegen keine Reihen zum Anstellen, dafür werden Rucksäcke, Taschen und wahrscheinlich auch Kinder durch die offenen Fenster geworfen/gesteckt, damit sie sich so einen Platz „reservieren“.
C) Indien ist voll mit Menschen, die einen über das Ohr hauen wollten: Sie sagen einem den falschen Weg an; sagen, dass Busse ausfallen, damit man mit ihrem Tuktuk mitfährt; wollen einem irgendeinen Ramsch andrehen und erwarten für jede noch so kleine „Hilfsbereitschaft“ eine Entlohnung.
Als wir etwa in den Lodhi-Gärten in Delhi
unterwegs waren, fragte uns ein Sicherheitsbeamter, ob er ein Foto von uns
machen sollte, was wir natürlich gerne annahmen. Sobald er aber das Foto
gemacht hatte und uns die Kamera zurückgab, rieb er schon die Finger zusammen:
Ein unverkennbares Zeichen dafür, dass er dafür Geld erwartete. (Die Fotos
waren übrigens auch noch verschwommen)
In Jaipur bei einem Tempel trafen wir gleich auf
zwei Frechheiten: Zum einen war dort eine Frau, die uns den Weg abschnitt/blockierte
und uns praktisch blitzschnell einen Punkt auf die Stirn klatschte, nur um
danach 20 Rupees pro Person einzufordern und zum anderen, als wir einen Weg
entlanggingen und uns ein kleiner Junge, der mit seinem Vater unterwegs war,
ungefragt den Weg ansagte und dann direkt 10 Rupees einforderte, die er
natürlich nicht bekam.
Ein Achterl
Wissen:
Wir haben uns
natürlich auch ein wenig über die Preisverhältnisse bei Tuktuks informiert und
sind dabei über folgende Regel gestoßen:
„Wenn ihr die
Hälfte des ursprünglich vorgeschlagenen Preises zahlt, dann zahlt ihr
vermutlich immer noch mehr als Inder zahlen würden. Aber ihr habt einen Preis
erzielt, mit dem ihr als Europäer gut leben könnt.“ (Source:
https://indiasomeday.com/de/indien-fahrpreise-fuer-tuk-tuk-co-richtig-verhandeln/#Tipp_1_Alles_ist_Verhandlungssache)
Aber auch in den kleineren Städten wie Agra, welche durch den Taj Mahal zugegebenermaßen im Geld schwimmen müsste, herrscht ein großes Armutsproblem. So waren keine hundert Meter vom Agra Fort entfernt einige Blech- und Planenhütten aufgebaut, welche wohl auf knapp 5 m2 ganze Familien unterbringen.
E) Es wird keine Rücksicht auf die Mitmenschen genommen. Michi wurde während unseres Indienaufenthalts mindestens drei Mal angefahren; meistens von Tuktuks oder Motorrädern, die sich zwischen einem Auto und uns vorbeiquetschen probierten und einmal sogar von einem Auto, als wir durch die Straßen Varca´s im indischen Bundesland Goa spazierten. Glücklicherweise passierte nie etwas Schlimmeres und einmal kam Michi mit einem blauen Fleck davon.
Auch was die Lautstärke betrifft, nehmen Inder
wenig Rücksicht. In den Öffis werden nämlich meist mit voller oder zumindest
mittlerer Laufstärke irgendwelche Videos angeschaut, telefoniert oder
gequatscht. Auch, als wir uns einmal mehr oder weniger ein Zimmer mit 4 Indern
teilen mussten (unser Zimmer war nur durch eine nicht schließbare Tür zu ihrem
Zimmer getrennt und wir mussten auch immer an ihren Betten vorbei, wenn wir zum
Badezimmer wollten), wurde spätabends noch laut herumgeblödelt oder bereits
frühmorgens gelärmt.
F) Es wird wahnsinnig viel gebettelt! Nicht, dass das in Österreich nicht so wäre, aber in Indien werden auch gezielt Kinder dafür eingesetzt: So wird den Babys etwa beigebracht, mithilfe von Gestiken zu betteln oder Kleinkinder alleine auf die Straße geschickt.
Oftmals wollen sie aber gar kein Essen, sondern
einfach nur Geld – als wir in Indore mit unseren großen Rucksäcken unterwegs
waren, hatten wir noch Zwieback dabei, den wir einer bettelnden Dame anboten,
allerdings hörte sie danach noch immer nicht damit auf, sich die Finger zum
Mund zu führen (ihr wisst, welche Gestik ich meine), obwohl sie den Zwieback
bereits in ihrer Hand hielt. Sie gab uns anschließend sogar den Zwieback zurück
und wir beide stapften schlecht gelaunt weiter.
Bettelnden Kindern sollte man allerdings, auch wenn es schwer fällt, kein Geld geben. Wir haben nämlich schon öfters gelesen, dass diese dann gezielt fürs Betteln aus Schulen oder Kindergärten genommen werden und ihnen somit das Recht auf Bildung verwehrt bleibt.
Filmtipp:
Der Film „Slumdog
Millionär“, handelt von einem indischen Teenager, der mit seinem Bruder im Slum
von Mumbai groß wird und nun nur noch die letzte Frage bei der indischen
Version von „Wer wird Millionär“ beantworten muss, um 20 Millionen Rupien zu
gewinnen. Der Verdacht liegt nahe, dass er geschummelt hat und wird deshalb ins
Kreuzverhör genommen…
Der Film gewann
im Jahr 2009 acht Oscars, wurde beim Golden Globe Award ausgezeichnet und erhielt
den British Academy Film Award. Source: https://de.wikipedia.org/wiki/Slumdog_Million%C3%A4r
In Indien fiel
die Reaktion auf den Film allerdings gemischt aus und es gab zahlreiche
Proteste zum Namen des Films. Zudem wird beschrieben, dass der Film eine Beleidigung
für die Slum-Bewohner ist und die Stereotypen Indiens aus Sicht der westlichen
Welt weiter anheizen würde.
Dann gibt es noch ein paar Kleinigkeiten, die erwähnenswert sind:
- Es gibt Klos am Straßenrand: Aber keine Dixi-Klos, sondern oft einfach nur kleine (geflieste), abgetrennte Bereiche, wo man hinpinkelt. Das ist aber eher für die männlichen Mitmenschen gedacht und riecht dementsprechend streng, wenn man daran vorbeigeht.
- Inder schütteln den Kopf, wenn sie „ja“ sagen. Oft ist das auch nur ein einfaches Nicken zur Seite.
- Sie sind handwerklich sehr begabt und man findet an jeder Straßenecke entweder eine/n Schneiderei, Wäscheservice, Tischler, Mechaniker oder was man sonst im Alltag brauchen kann.
- Inder spucken. Spuckende Menschen sind uns zwar schon in Nepal untergekommen, aber in Indien ist das wohl noch ein wenig weiter verbreitet.
- Das Tragen von Lasten am Kopf ist typisch indisch und habe ich bisher noch in keinem weiteren Land gesehen.
- Inderinnen haben lange, dichte Haare und darauf bin ich wahnsinnig eifersüchtig! Die Männer haben übrigens auch lange Nägel!
- Inder sitzen, liegen oder schlafen am Boden, wenn sie zB. auf einen Zug warten. Es ist zwar ein ungewöhnliches Bild, aber im Endeffekt recht schlau.
- Man sieht viele Menschen mit Behinderung – sei es, dass sie nicht alle Gliedmaßen haben oder blind sind. Wir haben es auch oft genug erlebt, dass man mit blinden Menschen von Auto zu Auto gegangen ist, um nach Spenden zu fragen.
Naja, weiter im Text: Ihr versteht nun vielleicht, warum Indien schon zu
Beginn unserer Reise einen negativen Beigeschmack hatte.
Da bekanntlich die Anreisetage aber immer die Schlimmsten sind,
verschanzten wir uns in unserem klimatisierten Zimmer und wagten erst zum
Abendessen einen Abstecher nach draußen.
Am nächsten Tag sah die Welt aber wieder besser aus und wir machten uns mit
der Metro auf zu den Lodi-Gärten (oder auch „Lodhi-Gardens“). Auch dort waren
wieder einige Rikscha-Fahrer, die sich ein gutes Geschäft erhoffte, von uns
aber enttäuscht wurden. Die Lodi-Gärten selbst waren gratis und das Gelände ist
sehr groß. Neben Bäumen, Sträuchern und Palmen gibt es auch zwei ehemalige
Moscheen, eine Ruine (dort, wo der Security-Typ uns das Foto „verkaufte“),
einen Teich und große Wiesenflächen. Auch Streifenhörnchen und unsere ersten „Halsbandsittich“
haben wir dort im Park gesehen. Und zu unserer großen Verwunderung: ein Sticker
des SK Sturm Graz!
Auch der Lotustempel wurde von uns unter die Lupe genommen: Mit dem Bus
unter vielen neugierigen Blicken ging es früh am Morgen in den Süden der Stadt.
Es war recht wenig los, als wir das Gelände betraten, weshalb wir schon vor dem
Tempel ein kurzes Fotoshooting starteten: Auch eine Inderin wurde kurzerhand zu
unserer Fotografin und dann wurden auch wir direkt beim ersten Familienfoto des
Tages eingebaut. So ging es übrigens während unseres restlichen Aufenthalts
beim Lotus-Tempel weiter: Wurde man einmal um ein Foto gebeten, bildete sich
direkt eine Traube an Menschen, die auch ein Foto mit einem machen wollten.
Michi und ich haben es dort wohl in mehrere Familienalben geschafft!
Der Lotus-Tempel selbst ist ein sehr beeindruckendes Gebäude! Nicht nur,
dass die Kuppel riesig ist und eine einzigartige Verstrebung hat, auch die
Akustik im Inneren war toll! Man darf innen zwar nur leise reden, nicht
herumgehen und keine Fotos machen, allerdings hat ein Vogel beschlossen, uns ein
Lied zu trällern, was den Aufenthalt dort einfach wunderschön gemacht hat!
Das Red Fort war, wie oben beschrieben, aufgrund des G20-Gipfels
geschlossen, dadurch hatten wir aber genügend Zeit, durch die Altstadt Delhi´s
zu spazieren. Es waren links und rechts kleine Geschäfte, aber nichts, was zum
Flanieren einlädt, weshalb wir dann recht rasch wieder heimwärts spazierten.
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